Hendrik Feldhues
37 Jahre,
IT-Fachinformatiker an der WWU,
Rettungssanitäter,
stv. Leiter Einsatzdienste.
Seit 2001 beim MHD.
„Ich bin dann mal weg!“ Wenn Hendrik Feldhues sich kurz bei seinem Chef abmeldet, dann wurde er gerade von der Leitstelle der Feuerwehr aus seinem Büroalltag gerissen und ist schon auf dem Weg zu einer Einsatzstelle irgendwo im Münsteraner Stadtgebiet. So auch am 4. Dezember 2013, als er um 9.59 Uhr zum Schlossplatz gerufen wurde. Ein Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg wurde bei Bauarbeiten gefunden und bewegt, so dass er unverzüglich entschärft werden musste. Nicht weit entfernt von seinem Büro in der Corrensstraße, wo er für die WWU als Fachinformatiker arbeitet.
Um die Abläufe bei Einsätzen effizienter zu gestalten, wurde 1999 zwischen den Hilfsorganisationen und der Berufsfeuerwehr vereinbart, dass die Hilfsorganisationen aus ihren Reihen Führungskräfte benennen, die unter der Funktionsbezeichnung „Leiter HiOrg“ den Einsatzleiter der Feuerwehr unterstützen. Zuvor hatte diese bei einer größeren Schadenslage bis zu vier verschiedene Ansprechpartner, einen pro Hilfsorganisation. Mittlerweile ist dieses Münsteraner Modell auch landesweit zu einem Erfolgsmodell geworden.
„Zum Glück hatte ich morgens noch das Futter für meine Einsatzjacke mit ins Büro genommen, denn es war an diesem Tag richtig kalt“, erinnert sich der 33-Jährige. Sein Chef findet das ehrenamtliche Engagement von Hendrik Feldhues klasse. Von der WWU gibt es auch mal Sonderurlaub für Fortbildungen, ohne die Führungsaufgaben im Ehrenamt heute gar nicht mehr möglich sind. „Und neben meinem Büro kann ich in meinem Spind auch meine Einsatzbekleidung zwischenlagern, wenn ich auf dem Dienstplan stehe“.
Aufgrund seiner rettungsdienstlichen Qualifikation, der Ausbildung zum Organisatorischen Leiter Rettungsdienst, Verbandführer und seiner langjährigen Erfahrung kann er den Leitenden Notarzt des Rettungsdienstes der Stadt Münster und den Organisatorischen Leiter Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr bei deren Tätigkeit unterstützen. In vielen Fällen übernimmt er die Leitung eines eigenen Einsatzabschnittes, häufig dort, wo Helfer der Hilfsorganisationen eingesetzt sind. Am 3. Dezember ging es zunächst nur um die Nachbesetzung von zusätzlichen Rettungswagen, später schließlich um die Betreuung von Anwohnern, die evakuiert werden mussten. „An diesem Tag war das keine große Sache. Das haben 12 Kolleginnen und Kollegen von der Betreuungsbereitschaft des DRK übernommen“. Als die Bombe gegen 15 Uhr entschärft war, war der Einsatz für Feldhues auch beendet und er setzte diesen Tag in seinem Büro fort.
Alle vier Hilfsorganisationen stellen der Feuerwehr regelmäßig eine Alarmierungsliste mit den Ansprechpartnern zur Verfügung, die sich für Tages- oder Nachtbereitschaften gemeldet haben. Praktischer Nebeneffekt ist die aus dem Leiter HiOrg-Dienst erwachsene konsensvolle Zusammenarbeit aller beteiligten Organisationen. Führungskräfte aus allen vier Hilfsorganisationen teilen sich diesen ehrenamtlichen und unentgeltlichen Dienst und leisten ihn im Wechsel an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr. „Das ist natürlich nicht immer einfach“, unterstreicht Feldhues, der mit Anfang 20 zu den Maltesern kam und schnell Feuer fing für die vielfältigen Aufgaben in der Notfallvorsorge und im Bevölkerungsschutz. Heute als Vater eines fast fünfjährigen Sohnes und Arbeitnehmer muss er natürlich auf Familie und Job Rücksicht nehmen. „Aber mal ehrlich, das ist ein spannender Ausgleich zum Berufsalltag, aber wir brauchen im Ehrenamt in den Hilfsorganisationen immer wieder Nachwuchs, der auch bereit ist, Führungsaufgaben zu übernehmen“. Bei den Maltesern versuchen die Führungskräfte sich so gut es geht im Team zu unterstützen. „Als Einzelkämpfer hast Du da keine Chance“. Zuhause versucht er gemeinsam mit seiner Partnerin das Familienleben so zu planen, dass Sohn Emil nicht ohne seinen Vater aufwächst. Denn auch die Malteser brauchen ihren stellvertretenden Leiter Einsatzdienste immer wieder bei kleineren und größeren Hendrik Feldhues Einsätzen. Hinzu kommen Aus- und Fortbildungsabende, und immer wieder administrative Aufgaben. „Für die Leiter HiOrg und die Notfallseelsorger bin ich auch noch als Webmaster unterwegs, das ist alles schon ziemlich viel, wenn ich mir das genau überlege“, schmunzelt er beim Blick auf seinen Kalender.
Auch wenn er als Leiter HiOrg im Durchschnitt nur zwei- bis dreimal im Jahr alarmiert wird, ist die Anspannung doch jedes Mal groß, wenn sein Dienst beginnt. Aber nicht nur dann. Am Abend des Loveparade- Unglücks in Duisburg 2010 war er mit seiner jungen Familie auf dem Rückweg vom Urlaub, als er kurz vor der niederländisch-deutschen Grenze von einem Voralarm für die Münsteraner Hilfsorganisationen hörte. Fünf Minuten vor der Autobahnabfahrt Münster-Süd gab es dann von der Feuerwehr Alarm für die Einsatzeinheit aus Münster. „Da musste ich nur von der Autobahn runter und zu unserer Unterkunft am Daimlerweg, wo zeitgleich die anderen Kolleginnen und Kollegen von den Maltesern eintrafen, um sich umzuziehen und Marschbereitschaft herzustellen. Danach ging es zu einem Sammelpunkt mit den Kräften von Feuerwehr, ASB, DRK und JUH, und danach im Kolonnenmarsch in einen Bereitstellungsraum im Ruhrgebiet. „Zum Einsatz in Duisburg sind wir dann nicht mehr gekommen. Aber wir haben an diesem Tag im Juli alle sehen können, was passieren kann, aber auch wie gut wir Hilfsorganisationen noch aufgestellt sind, um solchen Herausforderungen zu begegnen“. Ursprünglich hatte der sympathische Helfer mit dem gewinnenden Lächeln an diesem Tag und in dieser Nacht gar keinen Dienst, am Ende war er dann doch wieder der Leiter HiOrg.